Jahres­bericht 2024

Kunstistgrenzenlos

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freund*innen des Kunstmuseum Wolfsburg,

kaum ein anderes Merkmal scheint so bestimmend für die Kunst des 20., mehr jedoch noch für die Kunst des 21. Jahrhunderts zu sein wie ihre Grenzenlosigkeit. Das Grenzüberschreitende in der Kunst trifft in stilistischer Hinsicht ebenso zu wie in medialer oder auch in Bezug auf Genregrenzen insgesamt: Kunst, Performance, Design, Theater, Aktivismus, Wissenschaft, KI u. a. m. – vor allem in den letzten Jahren gehen zahlreiche künstlerische und nichtkünstlerische Ausdrucksformen grenzenlos ineinander über und ziehen gerade aus dieser Negation von Grenzen einerseits sowie der innovativen Kombination von stil- und genrefremden Elementen andererseits ihre synergetische Intensität.

Ist man im globalpolitischen Bereich in Zeiten verstärkter neo-imperialistischer Tendenzen in Ost und West dankbar für jede unverletzte Grenze, nimmt sich dahingegen die Kunst die größtmögliche Freiheit, möglichst viele Grenzen zu ignorieren und sie lustvoll zu überschreiten. Diese so verschwenderische wie inspirierende Grenzenlosigkeit der Kunst konnten wir im vergangenen Jahr anhand unserer Ausstellungen sowie der vielfältigen Vermittlungs- und Veranstaltungsformate für unsere Besucher*innen wunderbar erfahrbar werden lassen.

30 Jahre Kunstmuseum Wolfsburg

Seit dem Mai 1994 ist das Kunstmuseum Wolfsburg an dem gut vernetzten Standort zwischen Berlin, Braunschweig und Hannover ein fest etablierter Ort der Kunst mit internationalem Renommee. 30 Jahre später: Für die Stadt und die Region zu einem Zentrum des kulturellen Lebens geworden, ist das Kunstmuseum ein lebendiger Ort, an dem interessierte Museumsbesucher*innen jeden Alters, Künstler*innen aus aller Welt, engagierte Förderer und Förderinnen sowie ein enthusiastischer Freundeskreis in den gemeinsamen Austausch mit zeitgenössischer Kunst und Positionen der Klassischen Moderne gehen. Am 25. und 26. Mai 2024 feierte das Haus mit über 5.000 Besucher*innen ein ganzes Wochenende lang sein Jubiläum.

Unter dem Motto Happy 30, mit einer Bühne auf dem Hollerplatz für Musik, Talks und Präsentationen, außergewöhnlichen Führungen durch die Ausstellungen und mit Blicken hinter die Kulissen, wurde das Kunstmuseum der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ausstellungen

Welten in Bewegung. 30 Jahre Kunstmuseum Wolfsburg

Mit der Jubiläumsausstellung hat das Kunstmuseum Wolfsburg zahlreiche Highlights aus seiner hochkarätigen Sammlung präsentiert – darunter mehrere neue Schenkungen. Um die spannenden Dialoge zu zeitlosen und zugleich lebensnahen Themen, nach denen die Werke zusammengetragen wurden, besonders wirkungsvoll zu inszenieren, waren besondere „Gäste“ eingeladen: Fünfzehn historische Werke aus dem Braunschweiger Herzog Anton Ulrich-Museum wurden in der Schau zeitgenössischen Gemälden, Skulpturen sowie Installationen international bekannter Positionen gegenübergestellt. So traf ein römischer Kaiser auf einen englischen Popstar, eine Venus von Lucas Cranach auf Cindy Shermans Sexpuppen, Pferdekutschen auf einen Flugapparat.

Eine gelungene Selbstpräsentation dieses Hauses, das nach 30 Jahren seine Rolle in der Stadt, der Region und darüber hinaus gefunden zu haben scheint.
Alexander Menden, Süddeutsche Zeitung, 11. Juni 2024
Welten in Bewegung‘ ist insofern ungewöhnlich, als die Schau die sonst übliche Epochen-Gewichtung umdreht.
Alexander Menden, Süddeutsche Zeitung, 11. Juni 2024
Über 1000 Werke gehören zur Sammlung des Kunstmuseums Wolfsburg. Bei einer Schau zum 30-jährigen Bestehen werden einige der Highlights ausgestellt.
dpa, Osnabrücker Zeitung, 27.5.2024
Der Dialog zwischen den Epochen macht einen besonderen Reiz dieser Schau aus.
Stefan Arndt, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 6.6.2024
Seit drei Jahrzehnten lockt das Haus mit zeitgenössischer Kunst.
Maurice Arndt, Thüringer Allgemeine, 5.6.2024

Fireley Báez. Trust Memory Over History

„Rebellisch leuchtende Wesen“ titelte die taz, von Farbpracht, in der man sich verlieren kann, schrieb die Braunschweiger Zeitung, über bunte Fabelwesen auf kolonialen Karten berichtete der NDR. Ob Presse oder Besucher*innen, den rätselhaften Bildwelten und der überwältigenden Farbenpracht der meisterlich ausgeführten Werke der Malerin Firelei Báez (*1981) konnte sich kaum jemand entziehen.

Mit leuchtenden Farben und prächtigen Fabelwesen führt Firelei Báez an die Abgründe hegemonialer Geschichtsschreibung. Und regt dazu an, deren blinde Flecke mit Fantasie und Verstand zu füllen.
art, Mirja Rosenau, 1. Dezember 2023
Man kann sich wirklich verlieren in der Farbpracht, mit der Firelei Báez die Besucher konfrontiert. Stundenlang kann man die großformatigen Malereien anstarren und immer wieder neue, grandiose Farbverläufe darin finden.
Braunschweiger Zeitung, Eva Nick, 3. Juli 2024
Das Kunstmuseum Wolfsburg präsentiert die dominikanisch-amerikanische Künstlerin Firelei Báez in einer Einzelausstellung. Bildmächtig und diskursfreudig verbindet sie Mythen der Karibik mit Elementen des Afrofuturismus.
taz, Eva-Christina Meier, 6. Juli 2024

Leandro Erlich. Schwerelos

„Schnell auf nach Wolfsburg. Zur Kunst des Schwebens“, schrieb die Wochenzeitung DIE ZEIT. Künstlerische Werke, die „auratisch und geheimnisvoll“ in der Dunkelheit leuchten, bemerkte das Magazin KUNSTFORUM International, während die Tagesschau zur besten Sendezeit berichtete: „Die Schwerkraft scheint aufgehoben.“

Leandro Erlich lässt im Kunstmuseum Wolfsburg Wunder geschehen. In seiner ersten monografischen Ausstellung in Deutschland hebelt der 1973 geborene Argentinier physikalische Gesetze aus und jongliert mit unserer Wahrnehmung.
Monopol, November 2024
Im Mittelpunkt von Erlichs Kosmos stehen wir Menschen – unsere Bedürfnisse und Beschränkungen. ‘The sky is the limit’ hieß es einst. Doch wirklich groß denken können nur wenige. So wird Erlich zum Türöffner. Er will uns ins Unbekannte locken.
Ttt online, 6.10.2024, Sylvie Kürsten
Mit seiner Kunst möchte Erlich dazu anregen, darüber nachzudenken wie lange wir noch ein Zuhause auf dieser Erde finden können. Er betont die Notwendigkeit, die Rolle der Erde bei der Erhaltung unseres Lebens anzuerkennen. Seine Skulptur fordert uns auf, Technik und Natur nicht länger als entkoppelt zu betrachten, sondern als untrennbar miteinander verbunden.
Publik Forum, 25.10.2024
Alles könnte anders sein. Nichts muss bleiben, wie es ist. Und der Mensch darf sich selbst überraschen, niemand verbietet es ihm. Die Sehnsucht nach Leichtigkeit, recht verstanden, ist ein Aufbruch ins Offene. Eine Reise ins All der Unmöglichkeiten. Und auch ein Museumsbesuch in Wolfsburg.
Die Zeit, 7.11.2024, Hanno Rauterberg
In Zeiten von KI-Simulationen und Deepfakes animiert Leandro Erlichs Kunst zum genauen Hinsehen ein: Was ist echt? Was nur vorgetäuscht? Gleichzeitig ist sie äußerst unterhaltsam und kommt trotz versteckten Botschaften ohne erhobenen Zeigefinger aus. Die Besucher werden bei Erlich zu Performern, die sich innerhalb seiner Installationen vor den Blicken anderer und der Kamera selbst inszenieren.
Der Tagesspiegel, 19.12.2024, Nicole Büsing und Heiko Klaas

Gary Hill. Eine Frage der Wahrnehmung

Zum Abschluss der Eröffnung sorgte Gary Hill selbst für einen besonderen Gänsehautmoment: Spontan trat er vor das Publikum und rezitierte einen Text aus seiner neueren Arbeit The Whisper Room (2017/2022). Ohne mediale Unterstützung gelang es dem Pionier der Videokunst, die Zuhörenden allein mit seiner ruhigen Stimme in den Rhythmus des Werks eintauchen zu lassen. So wurden die Intimität und Poesie seiner selbstverfassten Texte unmittelbar erfahrbar.

Gary Hills Videos und Installationen zeigen, wie wir Informationen wahrnehmen und verstehen. Sprache, Bild und Ton spielen dabei die größte Rolle. Er nutzt seine Techniken als Mittel, um Erfahrungen und Erscheinungen zu zeigen. Das Video ist für den Künstler ein Medium, das als Spiegel des Bewusstseins fungieren kann
Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 30.11.2024, Bettina Jaeschke
Aber so konzeptuell verkopft und didaktisch sind die Arbeiten Gary Hills dann doch nicht, sie sind auch sinnliche, ästhetische und partizipative Angebote.
taz, Die Tageszeitung, 17.2.2025, Bettina Maria Brosowsky

Publikationen

Die Ausstellung Leandro Erlich. Schwerelos schafft einen vielseitigen Erfahrungsraum, der eine so unkonventionelle wie ungewöhnliche Perspektive auf einige der drängenden Probleme bietet, die unsere Welt heute und vermutlich auch noch morgen prägen. Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiges Magazin (dt./engl.), das neben Installationsansichten u. a. ein ausführliches Interview mit Leandro Erlich sowie Texte von Andreas Beitin und Dino Steinhof enthält.

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Die US-amerikanische Künstlerin Firelei Báez (geb. 1981) lebt in ihrer künstlerischen Welt von Gegensätzen und Zwei­deutig­keiten, indem sie Schönheit mit Gewalt, persönliche Perspektiven mit großen historischen Erzählungen und karibische Mythologie mit Science-Fiction verschränkt. Anstatt Wahrheit durch Fiktion oder Landkarten durch Mythen zu ersetzen, plädiert ihr Werk für eine vielschichtige Komplexität von Fiktionen, die unsere Welt gemeinsam formen. Dieser Katalog wurde für die Ausstellung Trust Memory Over History des Louisiana Museum of Modern Art und des Kunstmuseum Wolfsburg erstellt.

Erwerbungen

Museum on tour

Kunstvermittlung

Geschäftsbericht

Volkswagen Group Art4All

Erfolgreiches Jahr mit 3.600 Besucher*innen

Veranstaltungen

Nachhaltigkeit

Der Freundeskreis des Kunstmuseum

Young Generation

Ein Jahr voller Kunst, Beats und Inspiration

Seit ihrer Neugründung im September 2022 als Teil des Freundeskreises des Kunstmuseum Wolfsburg e. V. setzt sich die Young Generation leidenschaftlich dafür ein, jungen Menschen den Zugang zur Kunst zu erleichtern und ihre aktive Mitgestaltung im Museum zu fördern. Mit kreativem Engagement und ehrenamtlicher Initiative entwickelt sie ein vielfältiges Programm, das offen für alle ist – und begeistert damit eine stetig wachsende Community. Auch 2024 bereicherten zahlreiche neue Impulse und Perspektiven das Museumsgeschehen. Die junge Community hat sich als fester Bestandteil des Museums etabliert und prägt es durch kreative Ideen, experimentelle Formate und inspirierende Begegnungen.

Dank

Das Kunstmuseum Wolfsburg dankt sehr herzlich seinen langjährigen Stiftern, der Asta und Christian Holler-Stiftung.

Wir danken außerdem dem Freundeskreis des Kunstmuseum Wolfsburg sowie unseren Förder*innen, Unterstützer*innen und Partner*innen.

Förderer
Unterstützer
Kooperationspartner
Medienpartner
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