Beim Volks­wagen Art4All am Mittwoch, den 31.8.2022, gaben die Künstler*innen Jeewi Lee und Mischa Leinkauf exklusive Einblicke in ihre Arbeiten zur aktuellen Ausstel­lung Check­point. Grenz­blicke aus Korea. Wie jeden letzten Mittwoch im Monat war der Eintritt von 16–21 Uhr frei. Neben dem Artist Talk um 18 Uhr im Café Kunst­pause gab es die Möglich­keit, an den kosten­losen Führungen um 16, 17 und 19.30 Uhr teilzu­nehmen. Im Rahmen der Alvar Aalto Week und Volks­wagen Art4All zeich­neten wir im Besucher­ate­lier mit allen kleinen und großen Besucher*innen in der Zeit von 16–18 Uhr subjek­tive Stadt­per­spek­tiven. Wir erforschten die Stadt­ar­chi­tektur durch Zeichnung. Wir vergrö­ßerten, verklei­nerten, sammelten Formen und erstellten indivi­du­elle Karto­gra­fien kreuz und quer rund um den Hollerplatz. 

Zu den Künstler*innen:

Jeewi Lee

Während einer Reise zum 38. Breiten­grad in Korea hat Jeewi Lee (*1987) die Arbeit INZISION umgesetzt, die aus Abdrücken von fünf ausge­wählten Bäumen aus dem südko­rea­ni­schen Gebiet der demili­ta­ri­sierten Zone (DMZ) besteht. Mithilfe eines tradi­tio­nellen asiati­schen Druck­ver­fah­rens, dem sogenannten Takbon-Druck, bei dem Tinte verwendet wird, um Muster, Reliefs und Formen auf Papier zu übertragen, verewigte Lee die Abdrücke der Baumstämme auf korea­ni­schem Hanji-Papier. Die von Lee ausge­wählten Bäume existierten bereits vor der Teilung Koreas im Jahr 1945 und sind, so die Künst­lerin, Zeitzeugen, die an die Schrecken und Traumata des Korea­krieges sowie die Teilung Koreas mahnend erinnern.

Um die Abdrücke genauer betrachten zu können, kommen die Besucher*innen nicht umhin, die Boden­in­stal­la­tion mit dem Titel FRAKTUR zu überqueren, die aus grauen und weißen Kiesel­stein­sorten besteht, und den Raum diagonal in zwei Hälften unter­teilt, ähnlich einer Grenz­zie­hung. Das Begehen durch die Betrachter*innen führt unwei­ger­lich dazu, dass sich die Steine vermi­schen, sodass sich die ursprüng­lich scharf gezogene Trenn­linie allmäh­lich auflöst. Während INZISION vor allem die Vergan­gen­heit und Gegenwart der beiden geteilten korea­ni­schen Staaten in den Blick nimmt, kann FRAKTUR als eine hoffnungs­volle Zukunfts­vi­sion eines wieder­ver­ei­nigten Koreas gedeutet werden.

Blick in die Ausstel­lung, Check­point. Grenz­blicke aus Korea, Kunst­mu­seum Wolfsburg,
21.5. – 18.9.2022, Jeewi Lee, FRAKTUR (Fracture) und INZISION (Incision), 2018, Courtesy die Künst­lerin, Foto: Marek Kruszewski

Jeewi Lee studierte Malerei an der Univer­sität der Künste Berlin und am Hunter College Univer­sity in New York. Das Studium an der Univer­sität der Künste Berlin schloss sie 2014 erfolg­reich mit dem Master in Bildender Kunst ab und machte 2018 den Master of Fine Arts im Postgra­du­ier­ten­pro­gramm Art in Context. Neben zahlrei­chen Förder­pro­grammen, wie Stipen­dien der CAA Berlin und der Stiftung Kunstfond, erhielt Lee Künst­ler­re­si­denzen, unter anderem in der Villa Romana (Florenz, Italien), dem Thread der Josef & Anni Albers Founda­tion (Tamba­counda, Senegal, 2020) und in Jerusalem bei der Al Ma’mal Founda­tion for Contem­porary Art (2020). Sie war Teil des Festival of Future Nows in der Neuen Natio­nal­ga­lerie (Berlin, 2014) und des Hamburger Bahnhof Museum (Berlin, 2017). Lee hatte Einzel­aus­stel­lungen im Kunst­verein in Hamburg (2020), in der Botschaft der Republik Korea in Berlin (2018) und insti­tu­tio­nelle Gruppen­aus­stel­lungen im Kunst­mu­seum Stuttgart (2020) und dem Skulp­tu­ren­park Schlossgut Schwante (Oberkrämer, Deutsch­land, 2020).

Mischa Leinkauf

Die Zweikanal-Video­ar­beit Northern Limit Line (North Korea, South Korea) von Mischa Leinkauf (*1977) veran­schau­licht den Grenz­über­gang zwischen Nord- und Südkorea aus der Vogel­per­spek­tive. Das Video entstand 2019 mithilfe einer Drohne, die den Han-Fluss fliegend überquerte. Bevor das Gewässer ins Meer fließt, verläuft es durch das Grenz­ge­biet zwischen den beiden Staaten, aus südko­rea­ni­scher Perspek­tive auch Northern Limit Line genannt. Die Grenze zwischen den beiden korea­ni­schen Nationen gehört zu den bestbe­wachten Gebieten der Welt. Dennoch gelingt es Mischa Leinkauf, sie mit der Drohne zu überwinden und mit seiner Video­ar­beit die vom Menschen gezogene Grenze zwischen Nord- und Südkorea zu hinterfragen.


Mischa Leinkauf, Northern Limit Line (North Korea, South Korea), Zweikanal-Video, 4K, Loop, 6 min,
Courtesy der Künstler und alexander levy, Berlin, Foto: Trevor Good, © Mischa Leinkauf, VG Bild-Kunst, Bonn

Der Künstler hat weltweit zahlreiche Auszeich­nungen erhalten und seine Werke wurden in bedeu­tenden inter­na­tio­nalen Kunst­in­sti­tu­tionen ausge­stellt, darunter das Museum of Contem­porary Art Tokyo (Tokio, 2011), die Akademie der Künste (Berlin, 2016), die Manifesta 11 (Zürich, 2016), das Moderna Museet (Stockholm, 2017), das Helsinki Art Museum (Helsinki, 2018), OPEN (Berlin, 2021) und der Fonds régional d’art contem­porain Alsace (Elsass, Frank­reich, 2022).