Das Verhältnis von zeitge­nös­si­scher Kunst und öffent­li­chem Raum war immer schon ein spannungs­volles. Dies hat sich auch in Wolfsburg nicht zum ersten – und vermut­lich leider auch nicht zum letzten – Mal gezeigt, als Anfang Januar 2022 versucht wurde, die weiße Giraffe von Sina Heffner zwischen Kunst­mu­seum und Theater in einem Akt von Vanda­lismus anzuzünden. Kunst im öffent­li­chen Raum hat es offen­sicht­lich nicht einfach. Dabei spielt sie auch in der Stadt am Mittel­land­kanal immer wieder eine besondere Rolle. Das Kunst­mu­seum Wolfsburg widmete sich deshalb beim Volks­wagen Art4All am Mittwoch, den 27. April, um 18 Uhr in einer öffent­li­chen Podiums­dis­kus­sion dem Thema „Kunst im öffent­li­chen Raum – Zwischen Demokra­ti­sie­rung der Kultur und kommu­naler Identi­täts­po­litik“.

Wie sollte über kommunale Kunst­an­käufe entschieden werden? Welche Rolle darf dabei die öffent­liche Meinung spielen? Wie hat sich die Funktion von Kunst im öffent­li­chen Raum über die letzten Jahrzehnte verändert und welche Bedeutung kommt ihr in unserer unmit­tel­baren Gegenwart zu? Diese Fragen und viele weitere mehr disku­tierten Heike Mutter, Profes­sorin an der HFBK Hamburg, die gemeinsam mit Ulrich Genth eine Vielzahl an umfang­rei­chen Instal­la­tionen im öffent­li­chen Raum verwirk­licht hat, Prof. Dr. Susanne Pfleger, Direk­torin der Städti­schen Galerie Wolfsburg, Dr. Alexander Kraus, Stadt­his­to­riker am IZS, sowie Dr. Andreas Beitin, Direktor des Kunst­mu­seum Wolfsburg.

Die Bedeutung, die Kunst im öffent­li­chen Raum für die Entwick­lung kommu­naler Kultur­po­litik wie auch des gesell­schaft­li­chen Kunst­ver­ständ­nisses hat, ist nicht zu unter­schätzen. Wenngleich von weiten Kreisen der Bevöl­ke­rung nicht selten mit Ablehnung bestraft, haben öffent­lich präsen­tierte Kunst­werke – ob Skulp­turen, Reliefs oder Mosaike – die Sehge­wohn­heiten wohl deutlich mehr geprägt als Ausstel­lungen in Museen und Kunstvereinen.

In Wolfsburg spielte jene Kunst im öffent­li­chen Raum gerade in der Wirtschafts­wun­der­zeit auch insofern eine zentrale Rolle, als sie im Sinne städti­scher Identi­täts­po­litik kultu­relle Identi­fi­ka­ti­ons­an­ge­bote nach innen liefern, zugleich aber auch den Anspruch Wolfs­burgs als eine „Förder­stätte moderner Kunst“ nach außen trans­por­tieren sollte. Dafür wurde extra ein Kunst­an­kauf­beirat geschaffen, der die politi­schen Gremien feder­füh­rend beraten sollte – dies auch, um gestützt auf die dort versam­melte Expertise auf einem umkämpften Kunst­markt kompetent und zügig agieren zu können. Jene kommunale Ankaufs­praxis wurde jedoch seitens der Bürger­schaft, die sich nicht selten mit der modernen, abstrakten Kunst schwertat, immer wieder als undemo­kra­tisch gebrandmarkt.

Blick in die Ausstel­lung Macht! Licht!, Kunst­mu­seum Wolfsburg, 12.3. – 10.7.2022 Foto: Marek Kruszewski