Arnold Dreyblatt

Who's who in Central & East. Eine Hypertext-Oper

31. 3. — 2. 4. 1995

Infos

Künst­le­ri­sche Leitung: Arnold Dreyblatt und Fred Pommerehn
Mit: Shelley Hirsch und The Orchestra of Excited Strings

Who’s Who in Central & East Europe 1933 ist eine zeitge­nös­si­sche Insze­nie­rung kollek­tiver und persön­li­cher Erinne­rung. Sie basiert auf dem gleich­na­migen Buch.

Arnold Dreyblatt fand die 1935 in engli­scher Sprache publi­zierte Ausgabe vor zehn Jahren in einem Antiqua­riat in Istanbul. Sie enthält über 10.000 Einzel­bio­gra­fien von Menschen, die Mitte der dreißiger Jahre Bedeutung erlangten: Politiker, Künstler, Wissen­schaftler, Journa­listen, Beamte, Offiziere etc.; aus Albanien, Bulgarien, Estland, Finnland, Griechen­land, Jugosla­wien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Tsche­cho­slo­wakei und der Türkei.

Tausende von Namen und Daten wurden in einem Computer gespei­chert und werden im Verlauf des Stückes sukzes­sive aufge­rufen. Verges­sene Infor­ma­tionen werden rekon­stru­iert, Lebens­wege nachge­zeichnet, mensch­liche Schick­sale neu erzählt.

Unter der Leitung des Kompo­nisten führt ein Ensemble von sechs Instru­men­ta­listen, einer Sängerin und drei Vokalisten die Kompo­si­tion ‘Who’s who’ auf. Bruch­stücke persön­li­cher Geschichte, gesungen und gespro­chen, tauchen aus dem “Meer” des biogra­fi­schen Materials auf.

Private Amateur­fotos und ‑filme, sowie dokumen­ta­ri­sches Tonma­te­rial, aus Archiven und persön­li­chen Sammlungen wurden für diese sogenannte “Hypertext-Oper” zusammengestellt.

Die rekon­stru­ierten Bilder und Fragmente von Compu­ter­texten erscheinen live auf eine Gaze proji­ziert. Durch Licht und Schatten werden die Darsteller dahinter sichtbar und in die Projek­tionen integriert. Als Kontrast zu dem Bühnen­ge­schehen aus Musik, Text und Bildern, schaffen es die authen­ti­schen Tonauf­nahmen duch punktuell einge­setzte Tonquellen eine “Klang­um­ge­bung”.

Der Bühnen­raum von ‘Who’s Who in Central & East Europe 1933 ist durch dünne Wände und Leinwände in Zonen geteilt. Personen und Objekte sind so zwischen diesen Wänden plaziert, wie zwischen den Seiten eines Buches. Ein feiner Schleier trennt die Bühne vom Zuschau­er­raum. Sie ist Haupt­pro­jek­ti­ons­fläche und Trennung zugleich und verdeckt das, was hinter ihr liegt. Sie lässt die Darsteller als Schatten erscheinen und wieder verschwinden. Es scheint so, als existiere nichts wirklich dahinter, als sei dort kein Raum, nur eine Fläche mit Projek­tionen, ähnlich wie im Kino.

Die Weltur­auf­füh­rung von ‘Who’s Who in Central & East Europe 1933’ fand 1991 als Abschluss und Höhepunkt des Festivals “Inven­tionen ‘91” in Berlin statt. Im März 1991 eröffnete ‘Who’s Who’ das Festival “Töne und Gegentöne” in der Wiener Secession. Im Rahmen der Reihe “Grenz­gänge” folgten Auffüh­rungen in München und Dresden.

1992 gewann die Produk­tion den “Philip Morris Kunstpreis”.

1994 wurde eine Version in tsche­chi­scher Sprache beim “Berlin – Dnes a Tady”-Festival gezeigt.