Never Ending Stories. Der Loop in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte

29. 10. 2017 — 4. 3. 2018

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Der Loop ist allge­gen­wärtig – ob in der Musik, der Video­kunst oder in Hotel­lobbys und Wohnzim­mern, wo auf Monitoren Kamin­feuer endlos flackern oder Fische im Aquarium umher­flirren. Zugleich ist der geschlos­sene Kreislauf, die Endlos­schleife, spätes­tens seit der Antike ein wesent­li­cher Topos der Kultur­ge­schichte, Alchemie und Philo­so­phie. Mit „Never Ending Stories“ präsen­tiert das Kunst­mu­seum Wolfsburg weltweit erstmals eine formal und inhalt­lich sowie räumlich und zeitlich weit ausgrei­fende, inter­dis­zi­pli­näre Recherche zum Phänomen der Endlos­schleife in Kunst, Film, Archi­tektur, Musik, Literatur und Kultur­ge­schichte. Das Kreisen in geschlos­senen Systemen spannt sich vom altägyp­ti­schen Ouroboros – der Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt – bis zu zeitge­nös­si­schen Multi­media-Instal­la­tionen und kennzeichnet, das macht seine besondere Bedeutung aus, in der mensch­li­chen Psyche zugleich Trance, Traum und Trauma.

Der eigens für die Ausstel­lung entwi­ckelte Archi­tek­tur­par­cours ermög­licht in 14 Kapiteln neben zahlrei­chen mentalen Rotationen auch räumlich-körper­liche Erfah­rungen des Loops. Der Bogen der Schau spannt sich vom „Ouroboros“-Oktogon – einer Schatz­kammer der Kultur­ge­schichte – über den „Zen“-Saal bis hin zur quadra­tisch verspie­gelten „Music Hall“. Anthro­po­lo­gisch orien­tierte Ausstel­lungs­ka­pitel wie „Eros in der Endlos­schleife“, „Die Verdauung der Welt“, „Politik: Zwischen Themen­ka­rus­sell und Teufels­kreis“ oder „Archi­tektur ohne Ende“ weiten sich immer aufs Neue zu Kino‑, Instal­la­tions- und Selbst­er­fah­rungs­räumen: Großzü­gige Black Boxes mit Video­loops von Salla Tykkä, Rodney Graham oder Omer Fast treffen auf immersive Raumin­stal­la­tionen von Douglas Gordon, Ragnar Kjart­ansson oder Bruce Nauman. Geradezu kontra­punk­tisch können wir Yayoi Kusamas trance­hafte Lichtu­nend­lich­keit auf vier mal vier Metern und Gregor Schnei­ders ultima­tiven Raumloop „Bad“ auf mehr als 500 Quadrat­me­tern erleben.

Die selten fokus­sierte Endlos­schleife des Glücks im arche­ty­pi­schen Märchen – „… and they lived happily ever after“ (Nedko Solakov) – trifft im „Loopodrom“ des Kunst­mu­seums auf die „Zirkel­schlüsse und Lesema­schinen“ der Literatur, für die James Joyce, Raymond Roussel und Gertrude Stein, aber auch Johann Wolfgang von Goethe, Georg Büchner und Julio Cortázar Pate stehen. Das Kapitel „Wunder­ma­schine Film“ thema­ti­siert den multi­me­dialen Einsatz des Loops vom ersten Kuss der Filmge­schichte 1896 über Marcel Duchamps hypno­ti­sches „Anémic Cinéma“, entstanden 1925, bis hin zu Thomas Bayrles Film „Loop“ von 2008. „Mensch und Maschine im Kreis­ver­kehr“ vereint Frank B. Gilbreths frühe Arbeits­ef­fi­zienz-Unter­su­chungen mit der Samuel Beckett nahen Ineffi­zienz-Absur­dität von Juan Muñoz’ „Living in a Shoe Box“. „Der Künstler im Loop“ bündelt in sich kreisende Selbst­re­fle­xionen von Akteuren der Moderne wie Gegenwart. Während Markus Raetz sein von Endlos­schleifen durch­zo­genes Lebens­werk konzen­triert verräum­licht, ist dank Max Grau ein fulmi­nanter filmmu­si­ka­li­scher Metaloop zu erleben: Die audio­vi­su­elle Endlos­schleife kommen­tiert sich selbst.

Am Ende der Schau schließt sich ein letztes Mal ein Kreis im Kreis im Kreis … Sandra Filics Sound- und Platten­spie­ler­instal­la­tion „Loop“ lässt immerfort das Knistern, Rauschen und Knacken der Auslauf­rille einer Schall­platte hören – medien­his­to­ri­sche Nostalgie und zugleich Leerlauf in Permanenz und Reinkultur: Die Endlo­sig­keit der letzten Schall­plat­ten­rille ist nur ein kleines Signal und doch zugleich das große Finale, wo Form und Inhalt in eins fallen.

Die Künstler

Adel Abdes­semed, Abramović/Ulay, Francis Alÿs, Rosa Barba, Robert Barta, Thomas Bayrle, Max Beckmann, Joseph Beuys, Michel Blazy, Étienne-Louis Boullée, Marcel Broodthaers, Philip Corner, Julio Cortázar, Attila Csörgő, Salvador Dalí, Wim Delvoye, Marcel Duchamp, Thomas A. Edison, Maurits Cornelis Escher, Juan Esteban Fassio, Omer Fast, León Ferrari, Sandra Filic, Robert Filliou, Fischli/Weiss, Robert Fludd, Frank B. Gilbreth, Douglas Gordon, Rodney Graham, Max Grau, Anton Henning, Seikô Hirata, James Joyce, William Kentridge, Athana­sius Kircher, Ragnar Kjart­ansson, Kraftwerk, Yayoi Kusama, Stanley Kubrick, Claude-Nicolas Ledoux, Tim Lewis, Sarah Lucas, Guillaume de Machaut, Michael Maier, Matthäus Merian d. Ä., Robert Müller, Juan Muñoz, Eadweard Muybridge, Bruce Nauman, OMA, Nam June Paik, Giambat­tista della Porta, Barbara Probst, Markus Raetz, Bridget Riley, Peter Roehr, Raymond Roussel, Erik Satie, Markus Schinwald, Gregor Schneider, Richard Serra, Shunsô Shôjû, Nedko Solakov, Daniel Spoerri, Gertrude Stein, Donna Summer, Roland Topor, Salla Tykkä, Günther Uecker, Andy Warhol u. a. m.

Der Katalog

Die Ausstel­lung wird begleitet von einem umfang­rei­chen Grund­la­gen­werk in deutscher und engli­scher Ausgabe, heraus­ge­geben von Ralf Beil, das das vielsei­tige Thema ebenso wissen­schaft­lich wie kreativ beleuchtet und darüber hinaus Werkkom­men­tare zu den Exponaten der Schau versam­melt. 13 eigens für das Katalog­buch erstellte Essays von Aleida Assmann, Jan Assmann, Ralf Beil, Norbert Bolz, Claudia Dillmann, Michael Glasmeier, Lars Jaeger, Joachim Kalka, Stefan Klein, Peter Kraut, Niklas Maak, Peter Sloter­dijk und Franziska Stöhr treffen auf Werktexte von Stephanie Lovász und Michael Schultze sowie Quellen­texte von Étienne-Louis Boullée, Julio Cortázar, Johann Wolfgang von Goethe, Kraftwerk, Friedrich Nietzsche, Platon und Simon Reynolds. Der Katalog, gestaltet von Eggers + Diaper, erscheint im Hatje Cantz Verlag. Die Hardcover-Publi­ka­tion umfasst 360 Seiten mit rund 650 Abbil­dungen und kostet im MUSEUMSHOP 45 €.

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Pressestimmen

„Sich selbst fressende Schlangen, Spiegel­ka­bi­nette. Eine Kamera, die ein Tonband filmt, das die Geräusche der Kamera aufnimmt, die das Tonband filmt. Alles über den Loop im Kunst­mu­seum Wolfsburg.“

Bettina Maria Brosowsky, Bauwelt, 12.1.2018

Das Kunst­mu­seum zeigt unend­liche Geschichten und findet den Weg wieder heraus
[…] Bei einer Ausstel­lungs­fläche von 3500 Quadrat­me­tern haben sich gross­an­ge­legte Themen­aus­stel­lungen im Wolfs­burger Kunst­mu­seum etabliert, der derzei­tige Direktor Ralf Beil macht seit langem mit inter­dis­zi­plinär angelegten Präsen­ta­tionen Furore. […] Play it again, Ralf.

Kerstin Stremmel, Neue Zürcher Zeitung, 4.1.2018

Endlos­schleifen können positiv wie negativ besetzt sein. Von dieser These ausgehend erläutert Ralf Beil, Direktor des Kunst­mu­seums Wolfsburg, das Phänomen des Loops.

SWR2 Matinee , 10.12.2017

„Spanning multiple mediums, time periods and fields, the exhibi­tion explores the concept of the loop on a hitherto unseen scale.”

Joobin Bekhrad, BBC Culture, 4.12.2017

Heutzu­tage scheint die Allge­gen­wart des Loops seinen Grund weniger in der Referenz auf natür­liche Zyklen zu haben, als einen Leerlauf zu beschreiben. Auch hierfür hat die Kunst ein herrlich treffendes und beinahe niedli­ches Sinnbild gefunden. Es ist Robert Bartas Modell­ei­sen­bahn, die nicht von der Stelle kommt, weil die kreis­för­mige Schie­nen­trasse unter ihren Rädern sich in gleicher Geschwin­dig­keit in entge­gen­ge­setzter Richtung dreht: Der rasende Still­stand hat die Idee des Fortschritts abgelöst.

Ronald Berg, taz, 1.12.2017

„Loops machen die Welt wahrnehmbar. In Wolfsburg dreht sich nicht alles um Gegen­warts­kunst. Direktor Ralf Beil schlägt kühn den ganz großen Bogen seit der Antike.“

Jens Hinrichsen, monopol, 14.11.2017

„Eine Schlange beisst sich in den eigenen Schwanz. Dass es dafür offenbar ein reales Vorbild gibt, sieht man im Raum zum Thema Verdauung. Eine Schlange, die unter Wärme­stress leidet, frisst sich selbst auf. Keine künst­le­ri­sche Arbeit, sondern ein millio­nen­fach geteiltes YouTube-Video (Username: Rob Mott), ist es dennoch das vielleicht stärkste Bild der Ausstel­lung und Sinnbild für unsere im Wieder­ho­lungs­modus festge­fres­sene, heiss gelaufene Welt.“

Miriam Wiesel, Kunst­bul­letin, 1.11.2017

„Eine so bildstarke wie gedan­ken­volle Ausstel­lung, die einen mit sich selbst konfrontiert.“

Thorsten Mack, NDR Kultur­journal, 30.10.2017

Der Loop – eine unend­liche Geschichte
Die Ausstel­lung ist keine trockene Lehrstunde, sondern ein anregender Parcours mit Loops aus allen Epochen und allen Kunst­rich­tungen. So hängt eine Instal­la­tion von Bruce Naumann, auf der zwei Finger, geformt aus Leucht­röhren, immer wieder in ein Auge stoßen im selben Raum wie eine Arbeit von Max Beckmann. Vierzehn verschie­dene Themen­felder umfasst die Schau: von Politik bis Film über Mensch und Maschine im Kreis­ver­kehr bis hin zu Eros in der Endlos­schleife am Beispiel von Andy Warhols Film “Kiss”.

Susanne Luerweg, Deutsch­land­funk, Sendung “Corso”, 30.10.2017

„Mit „Never Ending Stories. Der Loop in Kunst, Film, Archi­tektur, Musik, Literatur und Kultur­ge­schichte“ ist Ralf Beil und seinem Team im wahrsten Sinne des Wortes eine „runde“ Ausstel­lung gelungen. Es liegt auf der Hand, dass ein so grund­sätz­li­ches Phänomen nicht erschöp­fend behandelt werden kann. Die Schau bietet aber auf nieder­schwel­lige und dennoch keines­wegs plumpe Art und Weise einen umfang­rei­chen Überblick über die Idee des Unend­li­chen, des Kreises und der ewigen Wieder­ho­lung in Geschichte und Gegenwart.“

Anna Wegen­schimmel, art-in.de, 28.10.2017

„Eine Ausstel­lung in Wolfsburg erkundet jetzt alle Erschei­nungs­formen der nicht endenden Wieder­ho­lung und zwar in einem ziemlich großen Bogen, der vom tibeti­schen Rad des Werdens mit seinem unend­li­chen Kreislauf der Wieder­ge­burt bis zu Stanley Kubricks „2001“ und zum neuen apple-Haupt­quar­tier reicht. Überall sich drehende Räder, Kreise, Schleifen. Es scheint als wären das Harmo­nisch-Runde und die grenzen­losen Räume Merkmale eines Jahrtau­sende alten Exorzismus, eine Methode, sich irgendwie gegen die Zeit zu behaupten. […] War der Loop trotz seiner Allge­gen­wart bisher ein unter­schätztes Phänomen, dann ändert sich das vielleicht mit der Ausstel­lung in Wolfsburg.“

Miriam Böttger, ZDF aspekte, 27.10.2017

Die Ausstel­lung „Never Ending Stories“ im Kunst­mu­seum Wolfsburg begibt sich jetzt anhand einer überwäl­ti­genden Vielzahl von Exponaten aus rund 1800 Jahren Kultur­ge­schichte auf Spuren­suche. Die Schau versteht sich dabei nicht nur als reine Kunst­aus­stel­lung sondern als umfang­reiche Erfor­schung des Phänomens in Kunst, Film, Archi­tektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte.

Nicole Büsing, Heiko Klaas, DARE Magazin, 27.10.2017

Verstö­rendes Gefängnis Dusch­ka­bine
Physisch erlebbar wird die endlose Wieder­ho­lung in einer faszi­nie­renden Arbeit des Künstlers Gregor Schneider. Die Besucher schreiten durch 21 immer gleiche Räume – exakte Kopien eines unwirt­li­chen, fenster­losen Badezim­mers mit Dusch­ka­bine. Tür um Tür gelangt man in den immer gleichen Raum. Das Durch­schreiten wird so zum verstö­renden Loop, der Fragen aufwirft, ob das, was wir wahrnehmen, wirklich echt ist.

Janek Wiechers, NDR Kultur, 26.10.2017

Ohne Anfang kein Ende
„Seit Jahrhun­derten beschäf­tigt die Endlos­schleife Kreative auf der ganzen Welt. Das Kunst­mu­seum Wolfsburg widmet diesem Phänomen eine spannende Ausstellung.“

MADAME, Kultur-News, 12.10.2017