Robin Rhode

Memory Is The Weapon

28. 9. 2019 — 9. 2. 2020

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Ob es sich um seine fotogra­fi­schen Arbeiten, die digitalen Anima­tionen, Perfor­mances, Wand- oder Papier­ar­beiten handelt, der Kern des multi­me­dialen Werks von Robin Rhode ist die Zeichnung, die Linie. Geboren 1976 in Kapstadt, aufge­wachsen in Johan­nesburg, studierte er zunächst Kunst am Technikon Witwaters­rand, heute Univer­sity of Johan­nes­burg, gefolgt von einem Postgra­du­ierten-Programm an der South Africa School of Film, Televi­sion and Dramatic Arts im Jahr 2000.

Der Einfluss urbaner Musik­kultur, Film, populäre Sport­arten, Jugend­kultur und die lokale Tradition des Geschichten­erzählens haben die Entwick­lung der für Robin Rhode zunächst typischen Street-Art-Ästhetik beein­flusst. Sein Marken­zei­chen ist die Wand, die in einem sozialen Brennpunkt­viertel in Johan­nes­burg steht. Im Gegensatz zur Street-Art und Graffi­ti­kunst geht es ihm jedoch nicht darum, was er im urbanen Kontext zurück­lässt, sondern um den Prozess. Schritt für Schritt dokumen­tiert er fotogra­fisch die Entwick­lung von Narra­tiven auf seiner steinernen Leinwand, die wiederum ihre eigene Historie in sich birgt. Die Summe der Fotogra­fien formt die Erzählung. Zeichnet er anfäng­lich einfache Sport­ge­räte mit Kreide auf den Boden oder die Wand, werden seine Entwürfe und Themen konti­nu­ier­lich komplexer – ein inhalt­li­cher Spagat zwischen südafri­ka­ni­scher Geschichte, Kultur, Menta­lität, Zeichen und Codes und der abstrakten Sprache europäi­scher Kunst­ge­schichte. Dabei erfolgt die Aktivie­rung der Zeichnung durch die Verbin­dung mit dem Körper: Kinder turnen auf Sport­ge­räten, ein Pianist zerstört ein Klavier, ein gelen­kiger Tänzer schneidet mit einer riesigen Hecken­schere Farbdrei­ecke auf die Wand als seien es Scheren­schnitte im Geiste von Matisse.

Seit 2002 lebt Robin Rhode in Berlin. Im Gegensatz zu den farbge­wal­tigen Wandar­beiten, die nach wie vor in Südafrika entstehen, erkundet er in Deutsch­land schwarz-weiße Zugänge zur Zeichnung. Hier zeichnet er nicht nur mit Seife, Kohle, Kreide und Farbe, sondern Alltags­ge­gen­stände selbst. Stühle, Fahrräder oder Betten werden zum perfor­ma­tiven Zeichen­in­stru­ment – eine Instru­men­ta­li­sie­rung des Ready-Mades. Die expres­siven Zeich­nungen, die aus seinen energie­ge­la­denen Perfor­mances resul­tieren, stehen im Gegensatz zum perfek­tio­nierten Illusio­nismus und der inten­dierten Leich­tig­keit seiner aufwän­digen Wandar­beiten. Robin Rhode reduziert komplexe, bisweilen auch gesell­schafts­kri­ti­sche oder ‑analy­ti­sche Inhalte auf wenige visuelle Zeichen oder, wie er es ausdrückt, er verein­facht das Chaos mit den Mitteln der Kunst.

Die Ausstel­lung im Kunst­mu­seum Wolfsburg ist nach der Ausstel­lung im Haus der Kunst in München 2007 die erste Einzel­aus­stel­lung nach 12 Jahren in Deutsch­land. Auf mehr als 800 Quadrat­me­tern bietet sie mit digitalen Anima­tionen, fotogra­fi­schen Serien, Zeich­nungen und skulp­tu­ralen Elementen sowie Perfor­mances einen breiten Überblick über das Werk von Robin Rhode, einschließ­lich neuer Werkgruppen, an denen er derzeit arbeitet. Zur Ausstel­lung ist ein reich bebil­derter Katalog in deutscher und engli­scher Sprache enstanden, der ein Vorwort von Andreas Beitin, ein langes Interview mit Robin Rhode und eine Einfüh­rung von Uta Ruhkamp enthält.

Kuratorin
Uta Ruhkamp

Kurato­ri­sche Assistenz
Elena Engelbrechter

Partner

Publikation

Magazin

Presse

Das Kunst­mu­seum der Autostadt gleicht die Berliner Ignoranz aus, lässt entdecken, was Galeristen, Kuratoren und Museums­leute in der Haupt­stadt eigent­lich schon seit 17 Jahren hätten sehen können.

Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung, 8.10.2019

Die Fotose­rien entlehnen ihren Witz dem Slapstick, aber dahinter lauert die grausame Vergan­gen­heit Südafrikas.

Simone Reber, Deutsch­land­funk Kultur, Sendung „Fazit“, 28.9.2019

Bei seiner großen Retro­spek­tive in Wolfsburg bringt Robin Rhode Politik und Schönheit in die Balance.

Elke Buhr, Monopol, 1.10.2019

Er braucht Wände und Mauern: Auf ihnen zeichnet und malt Robin Rhode geome­tri­sche Muster und ornamen­tale Formen, auf ihnen erzählt er Geschichten. In den letzten acht Jahren standen diese Wände in Westbury, einem sozialen Brenn­punkt in Johan­nes­burg. Hier hat er alles aufge­griffen, was den Alltag im heutigen Südafrika prägt: Musik und Sport genauso wie neueste Design­trends und soziale Themen. Dabei stand stets die Geschichte der “coloured commu­nities” im Zentrum, die er aus seiner eigenen Familie kennt.

Gerhard Mack, Art Magazin, 1.10.2019

Rhodes Faszi­na­tion für einfache Materia­lien, für Mauern statt Leinwand, für Perfor­mance und Bewegung korre­spon­diert mit der kargen Lebens­wirk­lich­keit in Südafrika, mit der Kunst, aus wenig das Beste zu machen. Auch wenn er seine maltech­ni­schen Fähig­keiten herun­ter­spielt, bringt er in Serien wie „Evergreen“ komplexe geome­tri­sche Muster auf Mauer­wände – und lässt die grünen Formen von einem Kerl mit Rasen­mäher bearbeiten.

Florian Arnold, Wolfs­burger Nachrichten, 27.9.2019

Verspielt wirken die Bilder von Robin Rhode, die das Kunst­mu­seum jetzt ausstellt – doch sie sind hinter­gründig, voller Anspie­lungen auf Politik, Religion und Kultur­ge­schichte. Wer sich die Zeit nimmt, hat in der Ausstel­lung „Memory is the Weapon“ (Erinne­rung ist die Waffe) einiges zu entdecken.

Frederike Müller, Wolfs­burger Allge­meine Zeitung, 27.9.2019